Eckhard Osten-Sacken: Reisewege zum Ich, Sämtliche Gedichte
Alle 377 Gedichte jetzt in einem großen, edlen Band. Lesefreundlich, indem fast jeder Text auf eine einzige Seite passt. Neu durchgesehen sowie mit einem Verzeichnis der Gedicht-Überschriften, Autorenfotos und Nachbemer-kungen versehen.
412 Seiten, Hardcover, Softtouch, runder Rücken
27,6 x 12,5 cm, 750 g
ISBN 978-3-942450-34-8
25.- €
Diese Lyrik ist in Zeiten von Bedrohungen und Krisen, von Besinnung und Wandel ein Vademekum, sie "macht sich keinen Reim"
auf ihre Anliegen, sie ist nicht gefällig, sie geht einem nach und will bleiben. Sie erweitert das Sagbare durch
ihre intensive, archaisch kreisende, das Unbewusste einbeziehende Bildersprache. Das lyrische Ich tritt als
exemplarisches, nicht als individuelles Ich auf – ratlos und rastlos, fragmentarisch und fragend, kreativ und komplex -, immer auf dem (Reise-)Weg zu einem innersten Punkt verantwortlichen
Daseins.
Der Gedichtband umfasst in sechs Abschnitten mit unterschiedlichen Schwerpunkten das gesamte Spektrum der über dreißigjährigen lyrischen Schaffensphase Eckhard Osten-Sackens.
(Aus diesem Werk sind zudem die Texte der Lesarette "ich sah dich - Liebesgedichte aus vierzig Jahren" und der Lesarette "Klimarette I: was du zerstörst, verstört dich" zusammengestellt. Zu finden auf der Lesaretten-Seite.)
„Reisewege zum Ich“, Teil 1 des lyrischen Lebenswerkes von Eckhard Osten-Sacken, ist zugleich der Titel für alle Gedichte, in dem Wege und Umwege fragenden und antwortenden, scheiternden und gelingenden Menschseins und lebendigen Unterwegsseins thema-tisiert werden – nicht etwa ego-zentrische Selbstverwirklichungs-Trips: „Welt zum Ich bringen / und einzäunen / damit wir haltbar bleiben // und übersichtlich // Ebenbild von allem // das nicht weiß / ob ein fremder Wille / ihm zulächelt / oder sich abwendet“. Anthropologische, psychologische, spirituelle und kosmologische Aspekte drücken in dichten Bildern das geniale wie auch das (selbst)zerstörerische Potential des Menschen aus.
Teil 2, „Hand anlegen“, apostrophiert insbesondere die Beziehung zwischen Mensch und Schöpfung bzw. Mensch und Gott, indem etwa Gott seine Hand an den Menschen legt bzw. der Mensch Hand an die Schöpfung legt. So heißt es in „Rahels Gespräche mit Gott“: „HERR … wenn es dämmert / spür ich deine Hand / wie einen Wind auf meiner Stirn / deinen Atem / wie er meine Zeit verschließt / meine Augen öffnet / meinen Mund“.
Teil 3, „im Mondsprung“, markiert den Mond als Leitmotiv des Nächtlichen, Unbewussten, Fließenden. Der „Mondsprung“ in seiner bekanntesten Bedeutung hingegen ist ein früher Versuch des Menschen, die zeitlichen Abläufe auf der Erde in das Korsett eines funktionierenden Kalendariums zu zwängen – dafür musste der Mond gelegentlich einen Tag „überspringen“. „Im Mondsprung“ befinden wir uns also im Zentrum der menschlichen Grundkonflikte zwischen dem hellen, bewussten, rationalen und dem nächtlich träumenden, nicht syn-chronisierten Hiersein.
Teil 4, „Flugfieber“, spricht das Abreisefieber einer kindlich-destruktiven, sich ebenso anmaßend wie rat- und kopflos verhaltenden, vielleicht ins All entwei-chenden Menschheit an, die dabei ist, den Planeten Erde zu einem sterbenden Stern zu machen:
„wir wildern / im Garten der Zeit / wir wildern / in den Herzen der Enkel / der Schatten den wir werfen / wird länger / er zieht seine Haut / über den Tag“.
Teil 5, „Spurensicherung“,
verweist auf ein Gedicht, das in bedrückenden Bildern das sich selbst entfremdete, pervertierte Leben unter dem Joch absichernder Kontrolle und technischen
Funktionierens schildert: „wenn wir müde sind / wird in den hinteren / den abgedunkelten Kammern / unser Ich beatmet / damit es frisch bleibt für den Morgen // wenn wir schlafen / kommt die
Spurensicherung / sie durchsucht die Gedanken / und löst die Fingerabdrücke der Angst / von den Lippen“.
Teil 6, „und Erde“, skizziert eine müde, abschließende Erfahrung unseres Hierseins, er akzentuiert eine skeptisch-pessimistische, erschöpfte Rückseite des Aufbruchs-titels „Reisewege zum Ich“:
„Zeit ist uns zugewiesen / wir werden sie trinken / atmen und schmecken / und niemals satt sein // die Hänge zum Ich / werden wir zuschütten / bis es Zeit ist / für Müdigkeit und Erde“.